Besuchen Sie noch diesen Ramadan Sarajevo – Das europäische Jerusalem
Ein bekanntes Sprichwort sagt, dass im Reisen Baraka (Segen) liegt. Den Höhepunkt dieser Wahrheit können wir erleben, wenn wir für die Reise einen besonderen Zeitpunkt im Jahr bestimmen und wenn wir uns für einen außergewöhnlichen Ort entscheiden.
Ramadan ist der segnungsreichste Monat im islamischen Kalender und das Reisen in ihm, das Kennenlernen anderer Länder, Völker und ihrer Gebräuche stellt eine ausgezeichnete Gelegenheit für die eigene Horizonterweiterung dar.
Wenn Sie bisher noch keine Gelegenheit hatten, Bosnien und Herzegowina und seine Hauptstadt zu besuchen, empfehlen wir Ihnen dies besonders während des Ramadan, denn Sarajevo bzw. dessen ältester Stadtteil – die Baščaršija – lebt im Ramadan auf besondere Weise.
Die engen Straßen der Baščaršija, die in der osmanischen Periode erbaut wurde, sind gefüllt mit kleinen Geschäften, Handwerksläden, Restaurants, Cafés, Moscheen, Nationaldenkmälern… All das wird miteinander verschmolzen vom Duft des Somun (Ramadan-Brot), der Iftare (Fastenbrechen) in Restaurants, Koranrezitation in Moscheen – den Muqabelas an denen die Gläubigen teilnehmen – und den Moscheeinnenhöfen, dem Terawihgebet und der Kanone von der gelben Burgmauer, die das Ende des Fastens verkündet…
Die katholische Kathedrale, die orthodoxe Kirche, Synagoge und Moscheen
Es gibt keine Hauptstädte in Europa, welche die Kultur der vier großen monotheistischen Religionen geerbt haben und diese bis heute pflegen. Sarajevo ist eine der wenigen Städte der Welt, wo man gleichermaßen sowohl den Adhan (Gebetsruf der Muslime vom Minarett), die Kirchenglocken der katholischen Kathedrale und der orthodoxen Kirche hören kann. Im Kreis von einem Kilometer befinden sich zwei Synagogen (die sephardische und die aschkenasische), die große katholische Kathedrale, die alte und noch vor 1539 erbaute orthodoxe Kirche, die große orthodoxe Versammlungskirche und zig Moscheen runden die Vielfalt der Stadt ab.
Neben der reichen Architektur hat Sarajevo, wie auch Bosnien und Herzegowina, über die Geschichte ein multiethnisches und multireligiöses Leben bewahrt. Sarajevo kam in die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit am 28. Juni 1914, als ein Attentat auf den österreich-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand ausgeführt wurde. Dies waren jene Schüsse, welche den Beginn des Ersten Weltkriegs markieren. Im Zweiten Weltkrieg war Bosnien und Herzegowina unter der Okkupation des Unabhängigen Kroatischen Staates. der Teil Nazideutschlands war. Die Bosniaken, die mehrheitlich muslimische Bevölkerung hat sich bereits im Sommer 1941 gegen die Ungerechtigkeit, Vertreibung und Ermordung von unschuldigen Menschen eingesetzt. Gegen die Ermordung von Juden, Roma und Serben zeugt u.a. auch die El-Hidaja-Resolution die auch heute noch in Ihrer Schriftform vorliegt. Weitere zahlreiche Fälle – in denen sich die bosniakische Bevölkerung für die Juden eingesetzt hat und den Juden sicheren Schutz gewährt haben – sind hinreichend dokumentiert.
Die Rettung von Juden im okkupierten Sarajevo ist zur Inspiration für amerikanische Juden geworden, niemals die Heldentaten zu vergessen und mit Muslimen Bosniens mitzufühlen.
Auf diesem Bild ist die Zejneba Hardaga zu sehen, welche mit sich die Jüdin Rivka Kavillo und ihre Kinder im Sarajevo des Jahres 1941 führt. Während sie zusammen gehen, versteckt Zejneb mit ihrem Kopftuch den gelben Stern auf Rivkas Arm, welcher ein Erkennungszeichen für Juden war. Zejnebs Familie nahm die Familie Kavillo auf, um mit ihnen in ihrem Haus zu leben. Familie Hardaga hat Juden versteckt, obwohl sich in der Nähe ein Zentrum der Gestapo befand, und wohlwissend das auf alle die den Juden Schutz gewähren, die Todesstrafe wartet. Alle Familienmitglieder Kavillo haben den Zweiten Weltkrieg überlebt.
Einer der erfolgreichsten Bürgermeister Sarajevos und Ideengeber der bosnisch-herzegowinischen Industrieholding Energoinvest, der 50.000 Menschen beschäftigte, Emerik Blum, war ein Jude, der die Konzentrationslager überlebt hat.
In Sarajevo befindet sich auch der größte sephardische Friedhof in Europa. Die Juden von Sarajevo haben ihre Sprache, Ladino – eine Mischung aus Hebräisch und Spanisch – bis heute bewahrt.
Zu diesen Tatsachen wäre noch die Geschichte von der Sarajevoer Hagada hinzuzufügen – dem jüdischen Buch, welches sie mit sich aus Spanien gebracht haben und das den Zweiten Weltkrieg und die brutale, menschenverachtende Belagerung Sarajevos von 1992-1995, unbeschadet überlebt hat.
Wenig ist darüber bekannt, dass eine der größten orthodoxen Kirchen am Balkan auf Initiative der Einwohner von Sarajevo erbaut wurde. Die Kirche wurde 1874 mit Erlaubnis von Sultan Abdulaziz errichtet. Auch wenn Sarajevo im letzten Krieg 44 Monate unter Belagerung seitens der serbischen Armee stand, blieb diese Kirche, wie auch die restlichen Gotteshäuser, erhalten.
Die katholische Kathedrale in der Ferhadija-Straße, 1898 erbaut, repräsentierte den Einfluss der neuen europäischen Herrscher, die auf vier Jahrhunderte osmanischer Herrschaft folgten. In 40 Jahren der Herrschaft der österreich-ungarischen Monarchie in Bosnien und Herzegowina wanderten 100.000 Menschen aus verschiedenen Teilen Österreich-Ungarns und anderer Länder ein. Auf diese Weise erhielt die bosnisch-herzegowinische Gesellschaft ein neues Kolorit durch die Bildung von Gemeinschaften aus Österreichern, Deutschen, Tschechen, Polen, Ungarn, Ukrainern, Ruthenen, Slowaken und aschkenasischen Juden.
Die größte Moschee in Bosnien und Herzegowina, die in der osmanischen Periode erbaut wurde, ist die Gazi-Husrev-Beg-Moschee an der Baščaršija. Sie ist quadratischer Form, geschmückt mit einer Kuppel mit einem Radius von 13 Metern, einem Pavillon im Hof und einem 26 Meter hohen Minarett. Die Beg-Moschee, wie sie vom Volk genannt wird, wurde 1530 erbaut. Sie ist die erste Moschee in der Welt, welche mit 1898 eine elektrische Beleuchtung bekam.
Neben der Moschee ist ein Uhrturm, der einzige in der Welt, der die Zeit immer noch alaturca anzeigt.
Sarajevos Altstadt hat zwei Synagogen. Die Erste haben sephardische Juden, welche aus Spanien ins Osmanische Reich geflohen sind, erbaut. Bis zum Zweiten Weltkrieg lebte eine der zahlreichsten jüdischen Gemeinden des Balkans gerade in Sarajevo.
Die zweite Synagoge haben aschkenasische Juden erbaut, welche beginnen im Zuge der österreich-ungarischen Okkupation 1878 nach Bosnien und Herzegowina zu kommen. Als sie 1902 erbaut wurde, war sie die drittgrößte in Europa.
Sie wurde am linken Ufer der Miljacka zwischen den Brücken Dvenija und Ćumurija erbaut. Konstruiert wurde sie von Karel Pařík, einem tschechischen Architekten, welcher seinen Stempel auf die urbane Entwicklung Sarajevos zur Zeit Österreich-Ungarns aufgetragen hat. Er hat auch das Rathaus, das Landesmuseum, das Gebäude der Fakultät der Islamischen Wissenschaften und viele andere Objekte konstruiert.
Wenn Sie Sarajevo für eine Reise in diesem Ramadan- auswählen, so haben Sie automatisch beeindruckende Kulturbereicherung mitgebucht. Während Sie eine einzigartige Ramadan-Erfahrung genießen, finden Sie hier Museen, in denen Sie die Entwicklung der Zivilisation in Bosnien und Herzegowina von der Urgeschichte bis zum Ende des 20. Jahrhunderts, darunter Museen über die Kriegsjahre zwischen 1992 bis 1995.
Sarajevo ist die Stadt, welche am Beginn des 20. Jahrhunderts vom Attentat, welches Anlass für den Ersten Weltkrieg war, welche am Ende des Jahrhunderts hingegen von der längsten Belagerung einer Hauptstadt in der modernen Geschichte geprägt wurde, der die Winterolympiade 1984 – ein Höhepunkt der Entwicklung dieser Stadt – voranging.
In den nachfolgenden Texten werden wir Sie über die Ramadan-Atmosphäre, islamische Kunst und die Architektur in Sarajevo informieren.
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Es schreibt: Voloder Sanadin, portal Akos.ba